Nein sagen schafft Harmonie
Methoden um sich besser durchzusetzen
Auszug aus meinem Buch „Die Alexander-Strategie“
Warum fällt es Ihnen schwer nein zu sagen? Sind Sie zu ängstlich? Haben Sie Angst vor Zurückweisung? Können Sie keinen Gefallen ausschlagen? Dabei ist es garnicht so schwer nein zu sagen. Und es gibt gute Gründe dafür! Denn jedes ja zu anderen Leuten, bedeutet häufig ein nein zu Ihnen selbst. Deshalb habe ich Ihnen einige Tipps zusammen gestellt, wie es besser funktioniert.
Der Ton macht die Musik
Es gibt viele verschiedene Arten, wie ein Nein ausgesprochen werden kann! Probieren Sie es ruhig mal selbst!
Am besten ist es, das Nein in normalem Tonfall zu sprechen. Nicht aggressiv. Nicht rechtfertigend. Nicht entschuldigend. Ein normales Nein erntet eine normale Erwiderung.
Sie haben das Recht, nein zu sagen
Es ist schön, wenn Sie um etwas gebeten werden, aber das bedeutet nicht, dass Sie jeder Bitte nachzukommen brauchen. Sie haben das Recht, Bitten abzulehnen. Sie müssen Ihre Ablehnung nicht begründen.
Sie haben auch aus reiner Lust und Laune das Recht, nein zu sagen
Manche Menschen glauben, sie dürften eine Bitte nur ablehnen, wenn sie einen triftigen Grund vorweisen können. Was ist ein triftiger Grund? Ich habe keine Lust – ist das nicht absolut ausreichend? Sie leben Ihr Leben. Nicht das anderer Menschen. Sie vertreten Ihre Interessen. Nicht die anderer Menschen! Und wenn Sie Lust empfinden, freuen Sie sich darüber: So sehen die Sternstunden des Lebens aus!
Nutzen Sie die Geschmeidigkeit des Konjunktivs
Es klingt besser, wenn Sie sagen: Ich würde das wirklich gerne tun. Leider kann ich gerade nicht … Damit zeigen Sie, dass Sie prinzipiell etwas für die anfragende Person tun würden, und auch gerne, aber eben im Moment nicht dazu in der Lage sind. So vermeiden Sie, dass sich Ihr Gegenüber angegriffen oder abgelehnt fühlt. Diese Variante wählen Sie natürlich nur, wenn Sie das auch ernst meinen.
Nennen Sie beim Namen
Sprechen Sie andere Menschen prinzipiell persönlich an. Das klingt verbindlicher und freundlicher. Friederike, es tut mir leid … Herr Bauer, ich wäre wirklich gerne eingesprungen, aber leider …
Tauschen macht Spaß
Jemand bittet Sie um einen Gefallen, Sie überlegen, was Sie dagegen eintauschen könnten, und machen dann ein Angebot: Okay, ich bringe deinen Wagen in die Werkstatt, dafür bringst du mir aus der Stadt das Teeservice mit, das ich kürzlich bestellt habe.
Nein sagen und trotzdem zu den Netten gehören
Auch wenn Sie Ihr Nein unter Hängen und Würgen auf die Welt gebracht haben – bleiben Sie freundlich. Sie brauchen Ihr Gegenüber nicht hasserfüllt mustern. Es ist kein Drama passiert. Alles ist völlig normal. Sie haben Nein gesagt. Die Erde umkreist noch immer die Sonne. Die Kontinentalplatten haben sich nicht verschoben. Sie haben lediglich nein gesagt.
Nein sagen erlöst
Es gibt Menschen, die sind zu faul, um bestimmte Dinge selbst zu tun, und fragen deshalb dauernd andere um Rat und Tat. Solche Menschen haben keine Skrupel, immer wieder um Hilfe zu bitten. Wenn Ihnen das auf die Nerven geht, erinnern Sie sie an ihre eigene Kompetenz: Das ist aber ein Kompliment an mich, dass du mich in dieser Angelegenheit um Rat fragst, aber ich bin davon überzeugt, dass du selbst für diese Aufgabe wesentlich besser geeignet bist…
Süßes Nein
Wenn Sie möchten, könnten Sie Ihr Nein mit einer Prise Verständnis für den/ die BittstellerIn versüßen: Gell, du bist gerade ziemlich im Stress. Es ist wirklich unglaublich, was du leistest! Umso mehr bedaure ich, dass ich dir im Moment nicht helfen kann – denn ich habe selbst gerade so viel um die Ohren …
Nein sagen schafft Harmonie
Nämlich die Harmonie, die Sie mit sich selbst in Ihrem eigenen Leben genießen können. Dafür sind Sie verantwortlich. Sagen Sie nein zu anderen und damit ja zu sich selbst! So sorgen Sie auch für Ihr psychisches und physisches Wohlbefunden, denn fortgesetzte Inkongruenz schwächt das Immunsystem.
Gerade auch bei psychosomatischen Erkrankungen kann ein Ökocheck durchaus heilende Wirkung haben! Jemand leidet an einer bestimmten Krankheit, die er gerne los wäre – bis sich herausstellt, dass er als Gesunder auf die Aufmerksamkeit und Fürsorge verzichten müsste, die er dank seiner Krankheit bekommt. Oder dass er seinem Partner das Gefühl nicht nehmen möchte, gebraucht zu werden. Schicksalsgemeinschaften führen zu Solidarität. Wenn eine wichtige Bezugsperson in der Familie sehr häufig krank ist, kann ein Kind lernen, dass sich alle Menschen um die kranke Person kümmern und sich nach ihr richten. Viele Jahre später vielleicht erinnert sich der nunmehr erwachsene Mensch an dieses Muster. Er sehnt sich nach Aufmerksamkeit. Er möchte im Mittelpunkt stehen. So wie damals die Oma. Alles hat sich immer um sie gedreht und wenn sie ihre Migräne hatte, durfte man nicht reden, nicht spielen, musste auf Zehenspitzen durch das Haus schleichen. Die Strategie, die hier abgeschaut wurde, ist: krank werden. Und so wird dieser Mensch krank. Nimmt vielleicht sogar Schmerzen in Kauf.
In meinen Seminaren bitte ich die TeilnehmerInnen manchmal, sich an alle Krankheiten zu erinnern, die sie jemals durchlebten. Verblüffenderweise stellen viele TeilnehmerInnen dann Muster fest. Dass bestimmte Krankheiten in bestimmten Situationen auftreten. Vor Prüfungen. In turbulenten Zeiten oder unmittelbar danach. In jedem Urlaub. Vor wichtigen beruflichen Karriereschritten.
Diese Krankheiten haben zwar fatale Folgen im Alltag – ihr Nutzen liegt jedoch darin, dass sich andere um den kranken Menschen kümmern. Und das war ja auch die Absicht dieser unbewussten Strategie. Wir treffen auf der unbewussten Ebene häufig Entscheidungen, die uns kurzfristig gut tun, die allerdings nicht langfristig orientiert sind. Und so tappen wir gelegentlich in die Falle einer kurzfristigen Besserung, die langfristig jedoch zu immer mehr Problemen führt.
Martin, ein Leistungssportler, wurde regelmäßig vor großen Wettkämpfen krank. Er kam ziemlich verzweifelt zu mir, weil er nicht wusste, was mit ihm los war. Er freute sich auf die Wettkämpfe, trainierte – und drei Tage vorher bekam er eine Erkältung, eine Gürtelrose, fiel von der Leiter oder hatte einen Autounfall. „Wenn es wenigstens immer eine Erkältung wäre“, sagte er, „dann könnte ich mich schützen, indem ich nicht mehr unter die Leute gehe vor einem Wettkampf. Aber ein Autounfall! Dafür kann ich doch nichts!“
In einer spannenden Intervention ergab es sich, dass der Körperbesitzer Martin zwar an den Wettbewerben teilnehmen wollte, der Körper selbst jedoch nicht. Nach zehn Jahren Leistungssport hatte Martins Körper keine Lust mehr. Wollte zwar Sport machen, aber keine Wettkämpfe mehr und sorgte dann mit den Methoden, die ihm zu Gebote standen, dafür, sie ausfallen zu lassen.
Auch, wenn Sie beruflich etwas nicht erreichen, was Sie „eigentlich“ erreichen möchten, lohnt ein Ökocheck: Vielleicht liegt ein Zielkonflikt in der drohenden Freizeitverknappung, die bedeuten würde, weniger Zeit mit der Familie zu verbringen. Das will der dynamische Abteilungsleiter vielleicht nicht, obwohl er es andererseits von sich erwartet. Zielkonflikte blockieren die Entwicklung nachhaltig. Wo ein Zielkonflikt herrscht, wird der Zieleinlauf vereitelt.
Es gehört zum Strickmuster des Menschseins, dass häufig das ungewohnte und vertraute Unheil dem unbekannten Glück vorgezogen wird. Insofern ist es manchmal schwierig, Veränderungen durchzuführen.
In der Psychologie wird hier vom Leidensdruck gesprochen, der groß genug sein muss. Muss das sein? Ich meine, wir dürfen gerne vorher beginnen, uns das Leben zu erleichtern, Druck abzulassen. Dennoch sollten wir stets respektieren, dass andere Menschen für ihr eigenes Leben entscheiden. Wir können anderen lediglich Hilfestellung geben. Ich gehe davon aus, dass alles, was ein anderer Mensch tut, einen positiven Nutzen für diesen Menschen hat, auch wenn sich dieser Nutzen mir selbst nicht erschließt. Manchmal ist das schwierig nachzuvollziehen, wenn jemand beispielsweise jeden Tag eine Stunde länger unterwegs ist, um mit dem Auto ins Büro und wieder nach Hause zu kommen – und das nur, um einen Tunnel zu meiden, weil er eben nicht durch Tunnels fahren kann. Und da will er gar nicht diskutieren, das ist eben so, und die Umfahrung ist außerdem viel schöner. Oder wenn jemand Angst vor Hunden hat und deshalb kaum entspannt spazieren gehen kann, wenn jemand einen Job nicht wechseln kann, obwohl er das angeblich so gerne möchte.
Hier anzuklagen oder anzutreiben bringt gar nichts. Sinnvoller ist ein Ökocheck: Wofür ist es gut, dass du nicht durch Tunnels fährst. Wofür ist es gut, dass du zu Hause wohnen bleibst. Wofür ist es gut – fragen Sie sich das selbst einmal. Vielleicht werden Sie dann staunen, zu welchen Resultaten Sie kommen! Es versteht sich von selbst, dass nur absolute Aufrichtigkeit hier zum Ziel führt! Diese Frage können Sie sich auch gern von einem Partner stellen lassen, der dann immer weiter nachfragt: Und wofür ist das gut usw. Oder Sie können Ihre Antworten aufschreiben.
Manchen Menschen fällt es schriftlich am leichtesten, aufrichtig zu sich zu sein.